100% Bio in Österreich – geht das?

Bio ist im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde. Sowohl Angebot von als auch Nachfrage nach Bio-Produkten sind in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Für die meisten ist jedoch der komplette Verzicht auf konventionelle Produkte zugunsten von Alternativen in Bio-Qualität noch ein gutes Stück entfernt. Ob eine Umstellung auf 100% Bio in Österreich überhaupt für die Gesamtbevölkerung möglich wäre, erfahren Sie in diesem Artikel.


Ob Bio-Betriebe, Bio-Flächen oder Bio-Umsatz: Österreichs Bio-Sektor ist weiterhin auf Wachstumskurs. Jeder vierte Hektar wird in Österreich mittlerweile biologisch bewirtschaftet. Damit ist Österreich beim Bio-Flächenanteil nach wie vor Spitzenreiter im internationalen Vergleich.

Welche Auswirkungen eine flächendeckende Umstellung auf Bio auf die Ernährungssituation sowie auf ökologische und volkswirtschaftliche Aspekte in Österreich haben würde, haben Wissenschaftler*innen von der Universität für Bodenkultur und vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau herausgefunden.

Die Rechnung: Österreichische Landwirtschaft + Kalorienbedarf = mehr als genug

Dabei wurden die in der österreichischen Landwirtschaft produzierten Energiemengen dem Kilokalorienbedarf der Bevölkerung gegenübergestellt. Nach Abzug der Anteile von Lebensmittelabfall, Saatgut und der technisch-industriellen Nutzung von Nahrungsmitteln (z.B. für Agrosprit), die nicht für die menschliche Ernährung zur Verfügung stehen, produziert die (vorwiegend konventionelle) österreichische Landwirtschaft derzeit eine Gesamtenergiemenge von rund 10.800 Mrd. kcal pro Jahr. Dem steht ein Kilokalorienbedarf der österreichischen Bevölkerung (rund 8,7 Millionen Einwohner*innen) von rund 6.800 Mrd. kcal gegenüber. Das bedeutet, es werden deutlich mehr Kilokalorien produziert als für die Ernährung aller Bewohner*innen notwendig ist – die Ernährung der österreichischen Bevölkerung ist also mehr als gesichert.

Die Unbekannte: Umstellung auf 100% Bio – eine Milchmädchenrechnung

Für die Annahme einer flächendeckenden Umstellung auf biologische Landwirtschaft haben die Studienautor*innen die häufig geringeren Bio-Erträge berücksichtigt. Sie gingen von durchschnittlich einem Drittel weniger Erträgen im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft aus (dies ist eher hochgegriffen, in anderen Untersuchungen geht man in Industrieländern von 8 – 25 % niedrigeren Erträgen bei Biobewirtschaftung aus). Die tierischen Leistungen wurden um 10 % geringer angenommen.

Eine flächendeckende Umstellung auf biologische Landwirtschaft würde demnach eine Energiemenge von rund 6.600 Mrd. kcal. pro Jahr produzieren. Das bedeutet, dass eine 100%ige biologische Produktion unseren Lebensmittelbedarf bei unserem derzeitigen Ernährungsstil knapp nicht decken kann.

Die Lösung: Gutes tun für Gesundheit und Umwelt

Bereits eine geringfügige Veränderung unserer Ernährungsgewohnheiten würde laut Studie eine vollständige Versorgung mit Bio-Lebensmitteln ermöglichen. Die Forscher*innen kommen zu dem Schluss, dass bereits eine Verringerung der vermeidbaren Lebensmittelabfälle um 25 % oder des gegenwärtigen Fleischkonsums um 10 % dazu beitragen könnte, im Biolandbau den aktuellen Nahrungsmittelbedarf zu 100 % zu decken. Wir würden damit nicht nur der Umwelt und den landwirtschaftlichen Nutztieren, sondern auch unserer Gesundheit etwas Gutes tun.